Sonntag, 7. November 2010

Castlevania: Lords of Shadow (PS3-Review)

Genre: Action-Adventure
Erschienen: 7. Oktober 2010 für PS3 und Xbox360
Alterseinstufung: USK 16

Die einstmals renomierte Spielemarke Castlevania gibt es bereits seit 1986 mit unzähligen Ablegern für fast alle erdenklichen Konsolen des letzten Vierteljahrhunderts. Doch seitdem man versucht, die Serie vom altehrwürdigen 2D in die dritte Dimension zu bringen, wirken diese Ableger ziemlich blutleer. Doch der aktuellste Titel Lords of Shadow fährt große Kaliber auf: Elemente von God of War, Kojima Productions und Patrick Stewart als allgegenwärtigen Sprecher…

Betrachtet man also diese potenziell guten Grundlagen für die Entwicklung, kann nach den ähnlich angelegten Darksiders sowie der Referenz God of War 3 ein weiterer toller Titel dieses Genres innerhalb eines Jahres erscheinen. Bedenken kamen lediglich auf, wenn man die weitere Entwicklungsfirma dazu zieht, denn Mercury Steam legte 2007 mit Clive Barker´s Jericho lediglich stumpfe Ballerkost aufs Parkett. Dass es gerade diese Produktionsschmiede besser kann, beweist sie nun aber mit Castlevania: Lords of Shadow, das sich letzten Endes qualitativ knapp hinter oben genannten Spielen einreiht, in einer handvoll Punkten aber durchaus besser ist.


Hierzu gehört allerdings nicht die etwas seichte, vorhersehbare Geschichte. Trotz ihrer größtenteils pompösen, fantasievollen Inszenierung fehlt eine gewisse Emotionalität, die insbesondere Kratos´ Rachefeldzug so einzigartig macht: Unter der harten, reich verzierten Rüstung von Gabriel Belmont steckt ein etwas langweiliger Schönling mit wallend langer Haarmähne, von dem man im Prinzip nur weiß, dass er seiner verstorbenen Frau nachtrauert. Diese erscheint ihm in unregelmäßigen Abständen in seinen Träumen und erzählt von einer nahenden Bedrohung, hervorgerufen durch die dunklen Lords der Schatten, denen er sich nun stellen muss. In den zwölf Kapiteln mit insgesamt mindestens 16 Stunden reiner Spielzeit stellt er sich so vielen Zwischengegnern, um eine Verschwörung zwischen den Mächten des Lichts und denen des Schattens auf die Schliche zu kommen. Diese kommt erst später so richtig in Fahrt, wird durch Dialoge mit den Zwischengegnern weitergesponnen und zwischen den einzelnen Levels von der markanten Stimme des Schauspielers Patrick Stewart erzählt, der auch als wichtige Spielfigur auftritt. Trotz des guten Monsterdesigns, einer handvoll Wendungen, sehr guten Zwischensequenzen ist das Ganze dann doch ein wenig zu vorhersehbar, aber nett anzusehen.


Punkten und die Konkurrenz stellenweise überflügeln kann Castlevania: Lords of Shadow dann aber in Sachen Gameplay: Weder Darksiders, noch God of War 3 oder seine Vorgänger schaffen eine derart gute Balance zwischen taktischen Kämpfen sowie Rätsel- und Klettereinlagen. Gabriel schnetzelt sich in vier wählbaren Schwierigkeitsgraden in altbekannter Manier durch ganze Gegnerhorden, so weit – so bekannt. Das wohlschmeckende Gewürz in der Suppe sind aber die unzähligen sinnvollen Kombo-Möglichkeiten, die ihr euch mit den gewonnenen Punkten durch erledigte Gegner erlernen könnt. Dazu kommen noch Licht- und Schattenmagie, deren Leiste sich ebenso wie die Gesundheitsanzeige durch gefundene Teile ebenfalls aufwerten lassen. Es lohnt daher in jedem Fall den auf den ersten Blick streng linearen Level besondere Beachtung zu schenken, denn die Upgrades sind gut versteckt, lauern nicht selten in einer ungeahnten Ecke oder hinter einer brüchigen Mauer. Dazu gibt es noch einige Kniffe: Mit eingeschalteter Lichtmagie lässt sich durch Verkloppen der Gegner die Gesundheitsanzeige wieder aufladen, weil feste Gesundheitsstatuen eher spärlich sind, sollte diese Möglichkeit oft genutzt werden. Eine weitere Leiste in der unteren Mitte des Bildschirms füllt sich bei besonders erfolgreich hintereinander gelandeten Kombos ohne Unterbrechung: Orbs erscheinen auf dem Spielfeld, können per Druck auf dem linken Stick die Lichtmagie bzw. per rechtem Stick die Schattenmagie auffüllen. Auch das defensive Verhalten von Gabriel funktioniert wunderbar, wobei man für die Blocken-Funktion ein wahnsinnig gutes Timinig benötigt, simpler aber effektiver sind auch in diesem Spiel Ausweichen oder Salti über den Widersacher. Sprinten, Springen und Rammen sind nur weitere Bewegungsmöglichkeiten, die Castlevania: Lords of Shadow bereithält. Kleine Reitabschnitte auf riesigen Spinnen, Warzenschweinen, usw. sind nicht nur effektiv gegen große Feindesgruppen, sondern sind für das Weiterkommen unentbehrlich, beispielsweise beim Zerstören dicker Türen oder Überspringen großer Abgründe. Das Kampf-, Magie- und Kombosystem ist also wirklich sehr vielfältig, viel wichtiger noch: Abwechslungsreich.

Besonderes Highlight sind zahlreiche, toll inszenierte Bossgegner, zuweilen wird man hier angenehm an Klassiker wie Shadow of the Colossus erinnert, wenn man Bildschirm-füllende Titanen besteigt. Mit der richtigen Kampftaktik sollten aber auch diese keine größere Herausforderung darstellen, denn eine gesunde Mischung aus Schlagen, ausweichen und Quick-Time-Events verlangt der Großteil nur selten ab. Neben den bekannten Standardgegnern wie Goblins, Werwölfen, Vampiren, usw. die wunderbar in das Szenario passen, gibt es aber auch Nervtötende: Chupacabra! Diese kleinen Fieslinge stehlen unsere Fähigkeiten, zeigen uns ihren Hintern, verstecken sich feige während sie Gabriel aus der Ferne verhöhnen. An diesen Stellen wirkt die Spielzeit ein wenig gestreckt, auch wenn diese Ereignisse zum durchaus gelungenen Rätseldesign gehören. Ganz in der Nähe von standardmäßigen Schieberätseln und wirklich Ausgefallenem wie dem Vogelscheuchen-Abschnitt liegen auch immer wieder gefallene Menschen in der Spielgegend herum, die nach hilfreichen Schriftrollen durchsucht werden können. Für eigenständiges Lösen der Rätsel gibt es massig Punkte. Mit ein wenig Überlegung ist aber wirklich jeder dieser Abschnitte ohne größere Anstrengung schaffbar.


Auch Sprung- sowie Kletterpassagen fügen sich wunderbar in den Spielverlauf mit ein, wobei diese deutlich anspruchsvoller sind als noch etwa in Uncharted oder den aktuellsten Ablegern von Tomb Raider, wobei die streng vorgegebene, feste Kamera ihren Anteil daran hat. Was in den Kämpfen nicht selten für fehlende Übersicht sorgt, ist für eben jene Passagen genau die richtige Lösung, auch wenn eine freie Kamera heutzutage zeitgemäßer ist. Diese Entscheidung bei der Entwicklung hat aber auch noch weiteres Gutes, was die Optik betrifft: So läuft eine klitzekleine Spielfigur sehr oft vor dem Hintergrund malerischer Landschaften und fantastischer Architekturen, die wirklich sehr fantasievoll und detailliert gestaltet wurden. Auch wenn es für meinen Geschmack viel zu wenig Bewegungsfreiheit durch unfassbar viele unsichtbare Barrieren gibt, ist das Gesamtbild absolut in sich stimmig. Wehrmutstropfen ist eine fehlende deutsche Sprachausgabe, die aber auf gar keinen Fall an das englische Pendant herangekommen wäre. Zusammen mit der überragenden musikalischen Untermalung unterstreicht dies nochmals das gelungene, atmosphärisch düstere, abwechslungsreiche Action-Adventure. Ein kleiner Tipp noch zum Ende: Unbedingt den Abspann durchlaufen lassen, danach gibt es noch eine weitere lange Sequenz mit nicht wenigen Überraschungen.






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