Sonntag, 10. Juli 2011

Splinter Cell 3D (3DS-Review)


Genre: Stealth-Action
Erschienen: 24. März 2011 für Nintendo 3DS
Alterseinstufung: USK ab 16

Zum Verkaufsstart des Nintendo 3DS bilden besonders Neuauflagen von mehr oder weniger alten Videospielen das abwechslungsreiche Angebot. Insbesondere Ubisoft versorgt den Handheld mit Remakes, für erwachsene Spieler dürfte Splinter Cell 3D der wohl interessanteste Starttitel sein, der obendrein bis zum Erscheinen von Metal Gear Solid 3D in der Stealth-Action-Sparte auf dieser Plattform das Maß aller Dinge sein wird.

Splinter Cell 3D ist genau genommen die 3DS-Version des unter vielen Fans beliebtesten Teil der Reihe, Splinter Cell: Chaos Theory aus dem Jahr 2005. Damals erschien die Stealth-Action für PC und Konsolen (u.a. Playstation 2), eine Handheld-Version war ebenfalls erhältlich, fiel technisch aber enorm ab und war nur mit absehbaren Fingerkrämpfen steuerbar. Glücklicherweise orientiert sich Splinter Cell: 3D nicht an letzteren, sondern qualitativ eher an der PS2-Version mit etwas überarbeiteter Grafik sowie den aus Splinter Cell: Conviction bekannten, direkt in die Level projizierten Missionszielen. An der Geschichte halten die Entwickler dabei fest: Sam Fisher, Vorzeige-Schleicher für besondere Härtefälle von Third Echelon, geht rund um die Weltkugel auf die Jagd nach mächtigen Algorithmen, gefährlichen Bösewichten und einem alten Freund. Zusammen eine explosive Mischung, die einen verheerenden 3. Weltkrieg zur Folge haben könnte. Der Hauptplot gestaltet sich spannend, ist durch schön gerenderte Sequenzen zwischen den Missionen sehenswert inszeniert, bietet viele Wendungen und einen Sam Fisher in seiner vielleicht besten Rolle, markant gesprochen von der deutschen Synchronstimme von Nicolas Cage.

I am Sam

Spielmechanisch wurden kaum unnötige Experimente gewagt, stellte doch schon Chaos Theory neben Metal Gear Solid den Höhepunkt des neuzeitlichen Stealth-Action-Gameplays dar: Wer geschickt durch die verschachtelten Abschnitte schleicht, hat gute Chancen den Abspann zu sehen. Vor jedem neuen Level wird in Briefings vom Vorgesetzten und Spezialisten erklärt, worauf sich der Spieler einstellen kann, oft erledigt Sam so nicht einfach nur die Hauptmission, sondern erledigt auch noch das ein oder andere Nebenziel, jedoch ohne Belohnung außer einem „Danke schön“. Wer trotzdem das Spiel so komplett ausreizen will, die Umgebungen erkundet und Verhalten der Widersacher genau studiert, nur um im richtigen Augenblick zuzugreifen, wird mit einer satten Spielzeit von etwa 18 bis 20 Stunden belohnt. Die Missionsziele variieren von der Beschaffung wichtiger Informationen bis hin zum Kontaktieren oder gezieltem Ausschalten der Kontaktpersonen.


Beim vorsichtigen Schleichen lässt sich Fisher in geduckter Haltung mit dem Analogstick deutlich besser steuern, die Geschwindigkeit der Spielfigur ist so individuell anpassbar. Trotzdem fühlt sich die Steuerung nicht ganz so komfortabel an, wie sie bisweilen sein könnte: Per Steuerkreuz wird sich an die Deckungsmöglichkeiten gepresst und auf Wunsch um die Ecke geschaut, die Blickrichtung ist mit den anderen vier Tasten veränderbar. Was sich anfangs noch merkwürdig und ungewohnt anfühlt, sollte aber nach kurzer Einarbeitung locker von der Hand gehen. Etwas suboptimal dagegen ist die Einbindung des Touchscreens, mit dem Waffen gewechselt und Informationen wie die immer noch etwas unglückliche 3D-Karte abgerufen werden können. So weit, so gut. Doch für perfekt abgestimmte Gegner-Überwältigungen und jede Interaktion mit der Spielumgebung muss man als umsichtiger Spieler nicht nur die eigene Sichtbarkeits- und Geräuschanzeige im Auge haben, sondern im richtigen Moment auch die gewünschte Aktion in eben jenen Touchscreen bestätigen. Eine Schnelltaste wäre hier die weitaus bessere Lösung gewesen. Aber auch hieran muss sich der Spieler gewöhnen, wenn er mit der 3DS-Umsetzung Spaß haben möchte.

Mehr Licht als Schatten

Fliegt die Tarnung trotzdem auf und ihr werdet entdeckt – was selbst bei absoluten Perfektionisten unweigerlich vorkommen wird, auch wegen vereinzelter Aussetzer der künstlichen Intelligenz, die Sam sogar vereinzelt durch geschlossene Türen erhaschen können – heißt es blitzschnell die Waffe ziehen (z.B. Pistole, Gewehr, Sniper, Granaten), denn der Lebensbalken reduziert sich schneller als gedacht. In einigen Abschnitten ist es ohnehin schlichtweg verboten, Feinde zu töten – am effektivsten ist es wirklich den Großteil von Widersachern zu umgehen oder ohnmächtig zu schlagen um sie anschließend in einer dunklen Ecke abzulegen. Wegen der informativen, teilweise auch sehr lustigen Verhöre nach einem geglückten Überwältigungsmanöver ist Schleichen eigentlich immer die beste Lösung. Scheint ein Schusswechsel trotzdem einmal unvermeidlich, bieten sich elektrische Haftschocker an. Damit man gar nicht erst in die Versuchung kommt in eine scheinbar ausweglose Situation reinzustolpern, hat man gleich mehrere Optionen eine Tür zu öffnen: Entweder normal, leise oder auf die rabiate Tour, die aber auch ungleich mehr Krach und Aufmerksamkeit verursacht. Ein optisches Kabel verhilft für den kurzen Vorabblick in den nächsten Raum. Einfallsreich: Neigt man den Handheld in die jeweilige Richtung, schlägt auch das Kabel entsprechend diesen Weg ein. Mit dem Messer schneidet sich Sam sogar durch Stoffmaterial.


Ein Großteil der Lichtquellen ist zerstörbar, was natürlich auch in der Nähe befindliche Wachen stutzig machen kann, die sich dann zum vermeintlichen Tatort begeben. Aus der selbst erschaffenen, sicheren Dunkelheit heraus ist das doch der perfekte Zeitpunkt für eine Überwältigung. Außerdem kann Sam seine Gegner mit dezentem Pfeifton anlocken oder Lichter sowie Kameras temporär per EMP stören. Ohnehin sollte jeder umher stehende Computer einmal genauer untersucht werden, da sie neben wichtigen Informationen nicht selten Kamerasteuerungen auf der Festplatte haben. Ohne diese lästigen Dinger schleicht es sich direkt ungleich angenehmer. Für den Sicherheitszugriff muss immer wieder ein kleines Minispiel absolviert werden. Die beliebte Wärmebildansicht gibt es leider nicht mehr, dafür aber das Nachtsichtgerät.

Kein technisches Chaos

Bei einem 3DS-Spiel interessiert natürlich in allererster Linie die Qualität des 3D-Effekts. Auch wenn Splinter Cell 3D in seiner regelbaren Dreidimensionalität ein wenig an seiner flüssigen Darstellung einbüßt – was aufgrund des eher langsamen Spielablaufs nicht besonders schwer wiegt – haben die Entwickler bei der Portierung sehr gute Arbeit geleistet. Der Tiefeneffekt wirkt, sieht besonders zu Anfang bei herab prasselndem Wasser beeindruckend aus. Spielerisch erfüllt er durchaus auch seinen Sinn und Zweck, wenn man die Entfernung zum Feind besser abschätzen kann. Gerenderte Zwischensequenzen sehen noch heute sehr gut aus, Animationen wie Schleichen, Abrollen oder Spagatsprung sind angenehm anzusehen und die Schauplätze gestalten sich wunderbar abwechslungsreich mit vielen kleinen Details. Sogar Hauptprotagonist Sam Fisher ist überraschend detailliert, alle anderen Figuren wirken leider wie das genaue Gegenteil, was besonders bei den Verhören in Sam´s festen Schwitzkasten unangenehm ins Auge sticht. Während die Lichtverhältnisse durchgehend schön sind, scheint dagegen eine akkurate Schattendarstellung auf dem Handheld noch nicht optimal umsetzbar. Stattdessen umhüllt der Titel die Szenarien einfach mit Dunkelheit, was das Manko fast schon gekonnt verschleiern kann. Auf der anderen Seite begeistert der Sound in allen Punkten was klare und professionelle Sprachausgabe, Geräuschkulisse und Musik betrifft. Gerade in diesem Punkt erwarten wir für den Nintendo 3DS noch das ein oder andere cineastische Erlebnis.



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